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INNSBRUCK: L’EURIDICE von Giulio Caccini – eine barocke Opernrarität. Premiere

23.08.2013

Barocke Opernrarität in Innsbruck: „L’Euridice“ von Giulio Caccini (Premiere: 23. 8. 2013)

Von: Udo Pacolt

Orpheus (Furio Zanasi) holt mit seinem Gesang zur Leier Eurydike (Silvia Frigato) aus der Unterwelt zurück (Foto: Rupert Larl)

Im Rahmen der 37. Innsbrucker Festwochen der Alten Musik, die heuer unter dem Motto „Aufbruch“ steht, wurde dem Publikum wieder eine besondere Opernrarität geboten: „L’Euridice“ von Giulio Caccini (1545 oder 1551 – 1618). Sie ist die erste in Druck erschienene Oper überhaupt!

Giulio Caccini (in Rom oder Tivoli geboren, in Florenz begraben) war ab Mitte der 70er-Jahre des 16. Jahrhunderts Mitglied der Florentiner Camerata, die sich im Haus des Grafen Baldi traf. Er entwickelte einen neuen Gesangsstil, den „stile recitativo“, der die dramatischen Szenen der frühen Oper vorbereitete. 1600 wurde er Musikdirektor am Hof der Medici. Im Jahr 1602 fand im Palazzo Pitti in Florenz die Uraufführung des bahnbrechenden Werks „L’Euridice“ statt, das nun im Tiroler Landestheater in Innsbruck wieder zum Leben erweckt wurde (in italienischer Sprache mit deutschen Übertiteln).

Zum Komponisten Caccini sei noch vermerkt, dass er damals als Tenor seinen neuartigen Bühnengesang noch selbst auf der Chitarrone begleitete und dass er auch seine Töchter Settina und Francesca unterrichtete. Letztere wurde La Cecchina genannt und komponierte 1625 als erste Frau eine Oper („La liberazione di Ruggiero dall’isola d’Alcina“)!

In L‘Euridice geht der rezitativische und rhetorische Gesang phasenweise bereits in erste kleine Arien über. Die damalige Praxis des mehrstimmigen Madrigals lebt allerdings noch in den Chorszenen weiter. Das Libretto von Ottavio Rinuccini bedient sich der Orpheus-Legende aus der griechischen Mythologie. Der Inhalt in Kurzfassung: Orpheus und Eurydike feiern ihre Hochzeit, als während der Tänze plötzlich Daphne verkündet, dass die Braut an einem Schlangenbiss gestorben ist. Als sich Orpheus in seinem Schmerz töten will, erscheint Venus und rät ihm, in die Unterwelt zu steigen, um Eurydike zu retten. Durch seinen Gesang rührt er Pluto und Proserpina so sehr, dass sie Eurydike ohne Bedingungen zurückgeben. Die Oper endet mit den Feiern zu Ehren des wiedervereinten Paares.

Regie führte Hinrich Horstkotte, der auch für die Entwürfe der Kostüme verantwortlich zeichnete. Er lässt die Oper im Rahmen der Hochzeit Heinrichs IV. von Frankreich mit Maria de‘ Medici spielen. Tatsächlich wurde die gleichnamige Oper von Jacopo Peri am 6. 10. 1600 in Florenz zu dieser Hochzeit uraufgeführt. (Ceccini hatte für dieses Werk, das im Jahr 2002 in der Wiener Kammeroper als Österreichische Erstaufführung gebracht wurde, einen Teil der Musik komponiert).

Der Regisseur schuf eine harmonische und auch schlüssige Inszenierung mit guter Personenführung und vielen kleinen Details, die publikumswirksam waren. So ließ er einige Male die Akteure aus dem Zuschauerraum auftreten und die Venus in luftiger Höhe über die Bühne schweben. Einen kreativen Partner hatte er in Nicolas Bovey, der für den Prolog und die sechs Szenen der Oper „zauberhafte“ Bühnenbilder schuf. Eine gute Idee war, die breite Bühne für einige Szenen mit einem Guckkasten zu verengen, der immer wieder als Spielfläche diente. Sehr gelungen die Unterweltszene mit Pluto und Proserpina, die offenbar auf meterhohen Stelzen standen und durch ihre dunklen Gewänder und Masken einen scharfen Kontrast zur hellen Erdenwelt bildeten.

Aus dem exzellent abgestimmten Sängerensemble ragte der international bekannte Bariton Furio Zanasi in der Rolle des Orpheus heraus, der besonders in der Unterweltszene mit seinem anrührend gesungenen Plädoyer für die Liebe nicht nur Pluto und Proserpina überzeugte. Mit einer warm klingenden Sopranstimme wartete die kleine, quirlig agierende Silvia Frigato als Eurydike auf. Mit volltönender Stimme sehr wirkungsvoll die Sopranistin Monica Piccinini als durch die Lüfte schwebende Venus, die Orpheus rät, in die Unterwelt hinabzusteigen, wo Antonio Abete seinen finsteren Bass als Pluto ausdrucksstark hören ließ.

Stimmlich und darstellerisch überzeugend war die Altistin Sara Mingardo in der Doppelrolle der Daphne und Proserpina. Als Hirte Aminta ließ Luca Dordolo seine helle Tenorstimme leuchten. Für die hervorragende Ensembleleistung sorgten auch der Tenor Gianpaolo Fagotto, der Bariton Mauro Borgioni und der Bass Matteo Bellotto.

Für die hohe musikalische Qualität der etwa achtzig Minuten dauernden Aufführung sorgte das Instrumentalensemble Concerto Italiano unter der musikalischen Leitung von Rinaldo Alessandrini. Erstaunlich, welche musikalische Strahlkraft ein bloß siebenköpfiges Orchester erreichen kann!

Das enthusiasmierte Publikum feierte alle Mitwirkenden mit nicht enden wollendem Applaus. Frenetischen Beifall gab es auch für das gesamte Leadingteam! Ein in heutiger Zeit eher seltenes Ereignis, das zu würdigen ist.

Man muss der Intendanz der Innsbrucker Festwochen der Alten Musik zur Ausgrabung dieser historischen Oper gratulieren.

Quelle: www.der-neue-merker.eu


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