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NEUBURG/ DONAU: EIFERSUCHT von Sophie Gail / SO EIN GLÜCK von Adolphe Adam

26.07.2013

Zwei Opernraritäten in Neuburg an der Donau: „Eifersucht“ von Sophie Gail und„So ein Glück“ von Adolphe Adam (Vorstellung: 26. 7. 2013)

Von: Udo Pacolt

Wieder wartete die Kammeroper im schmucken Städtchen Neuburg an der Donau, das im frühen Mittelalter Bischofssitz war und als Hauptstadt des Fürstentums Pfalz-Neuburg seine glanzvollste Epoche erlebte, mit Opernraritäten auf. Heuer gleich mit zwei Werken an einem Abend: zuerst mit der einaktigen Opéra-comique „Eifersucht“ von Sophie Gail (1775 – 1819), die 1813 unter dem Titel „Les deux jaloux“ in Paris uraufgeführt wurde, und nach der Pause mit der gleichfalls einaktigen Opéra-comique „So ein Glück“ („Un bonne fortune“) von Adolphe Adam (1803 – 1856), deren Uraufführung 1834 ebenfalls in Paris stattfand.

Edmée Sophie Gail, in unseren Breiten unbekannt, wurde 1775 in Paris als Sophie Garre geboren und war schon mit zwölf Jahren eine bewunderte Pianistin und gute Sängerin. 1796 heiratete sie Jean-Baptiste Gail, von dem sie sich allerdings wegen des großen Altersunterschieds schon nach wenigen Jahren trennte. Nach Tourneen als Sängerin, die sie nach Südfrankreich und Spanien führte, studierte sie Komposition und brachte 1813 die Oper „Les deux jaloux“ heraus. Im Jahr 1818 ging sie mit der berühmten Sängerin Angelica Catalani auf Tournee durch Deutschland und Österreich. Sie galt als ausgezeichnete Liedbegleiterin und schrieb bis zu ihrem frühen Tod 1819 fünf Opern, die alle an der Opéra Comique in Paris zur Aufführung kamen.

Die Handlung der Oper „Eifersucht“, deren Libretto Jean-Baptiste Charles Vial nach einem Theaterstück von Charles Dufresny verfasste und von Annette und Horst Vladar übersetzt und für die Neuburger Kammeroper eingerichtet wurde, in Kurzfassung: Der Präsident eines Gerichtshofs ist wie sein Gärtner Thibaut sehr eifersüchtig, doch versucht er – im Gegensatz zu Thibaut – sein Laster zu verbergen. Er verdächtigt den jungen Offizier Martin, der seine Nichte Lucie verehrt, in Wahrheit hinter seiner Frau her zu sein. Der Kammerdiener Frontin wiederum liebt Fanchette, die Kammerzofe der Präsidentin, die aber Thibaut für sich beansprucht. Durch Frontins List kommen die beiden Eifersüchtigen an gefälschte Beweise. Als sie diese „Trümpfe“ ausspielen wollen, müssen sie ihre Charakterschwäche erkennen. Während der Präsident einsichtig bereut, bleibt sein Gärtner verbittert zurück.

Horst Vladar, der Mitbegründer und die „Seele“ der Neuburger Kammeroper, inszenierte das Werk humorvoll und mit guter Personenführung, die dem ausgeglichenen Sängerensemble zugute kam. Den eifersüchtigen Präsidenten des Gerichtshofs gab der Bass Stephan Hönig, den nicht minder eifersüchtigen Gärtner der Tenor Walther G. Rösler, die beide bemüht waren, schauspielerisch das Beste aus ihren Rollen herauszuholen. Sie wurden allerdings von der Sopranistin Yvonne Steiner – seit Jahren eine große Stütze der Neuburger Kammeroper – als Zofe der Präsidentin und vom Bariton Michael Hoffmann als Diener Frontin, die beide stimmlich wie darstellerisch (mit köstlichem Mienenspiel) exzellent waren, an die Wand gespielt! Rollengerecht agierten der junge Tenor Matthias Ziegler als fescher Offizier und die Sopranistin Ulrike Johanna Jöris als genervte Gattin des eifersüchtigen Präsidenten sowie die bosnische Sopranistin Ljiljana Winkler als deren Nichte Lucie.

Nach der Pause kam der köstliche Einakter „So ein Glück“ von Adolphe Adam zur Aufführung. Die Handlung des Werks, das in Florenz um 1800 spielt und dessen Libretto Édouard Mennechet verfasste (gleichfalls von Annette Vladar übersetzt): Der junge Franzose Mathieu, der bei allen Frauen Glück zu haben glaubt, hat sich in ein Florentiner Hotel eingemietet. Durch seine naive Unbekümmertheit kommt es zu Turbulenzen und Reibereien mit der Nachbarschaft. Ein Liebesbrief, den er auf sich bezieht, veranlasst ihn zu einer Entführung, bei der er dann Mühe hat, das falsche „Opfer“ wieder los zu werden. Dass dabei ein junges Pärchen endlich zusammenkommt und ein entfremdetes älteres Paar sich wiederfindet, ist nicht sein Verdienst. Mit viel Glück kommt schließlich alles zu einem guten Ende.

Diese musikalische Komödie inszenierte Michael Hoffmann flott und mit hintergründigem Humor, wobei nie die Grenze zum Klamauk überschritten wurde. Den von sich sehr eingenommenen, eitlen Mathieu Delcourt spielte und sang Matthias Ziegler glänzend. Eine Meisterleistung, die auch die anderen Ensemblemitglieder mitzureißen schien, wie beispielsweise Walther G. Rösler, der seinen Freund Frédéric Darcy gab, und Stephan Hönig in der Rolle des Arztes Dr. Belmonte sowie Ljiljana Winkler als Hotelbesitzerin.

Eine komödiantische Glanzleistung bot Ulrike Johanna Jöris als Rosabella, der Schwester des Arztes. Mit ihrer breitgefächerten Sopranstimme und ihrer köstlichen Spiellaune gelang es ihr, die Entführungsszene zum Höhepunkt des launigen Abends werden zu lassen. Sehr humorvoll auch Horst Vladar der seine Bassrolle als Kommissar Orest Bruni mit Augenzwinkern und Routine gab. Als Arzttochter Flora war noch Yvonne Steiner im Einsatz. Leider nur in einer kleinen Rolle, was so manche Fans der hübschen Sopranistin im Publikum gewiss bedauerten.

Für beide Werke schuf Ulrich Hüstebeck, der ebenfalls schon jahrelang zu den Stützen der Neuburger Kammeroper zählt, ein anschauliches Bühnenbild mit künstlerisch gestaltetem Dekor. Das stark besetzte Orchester des Akademischen Orchesterverbandes München wurde von Alois Rottenaicher mit gewohnt routiniertem Einsatz geleitet. Es gelang ihm, sowohl die musikalisch reizvolle und zarte Partitur von Sophie Gail wie auch die mitreißende und ausgefeilt orchestrierte Musik von Adolphe Adam zur Geltung zu bringen.

Das begeisterte Publikum, das immer wieder den Sängerinnen und Sängern Szenenbeifall zollte, spendete am Schluss allen Mitwirkenden minutenlang anhaltenden Applaus. Für Liebhaber von Opernraritäten ist eine Reise nach Neuburg an der Donau schon seit Jahren zur Pflicht geworden. Man muss Horst Vladar, der 1969 Mitbegründer der Neuburger Kammeroper war und seither ihr Künstlerischer Leiter ist, zu seinen Ideen und seinem Einsatz gratulieren.

Quelle:www.der-neue-merker.eu


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