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WIEN / Staatsoper: NABUCCO

22.09.2013

WIEN / Staatsoper: NABUCCO von Giuseppe Verdi 60. Aufführung in dieser Inszenierung 22. September 2013

Von: Renate Wagner

Der große Tag – Verdis 200. Geburtstag am 10. Oktober – nähert sich langsam, aber sicher. Die Staatsoper hat schon „La traviata“ und „Otello“ gespielt, nach „Nabucco“ gibt es noch „Simon Boccanegra“, „Aida“ und dann eine Gala am Geburtstag selbst. Und auch danach ist Repertoire ohne den Giganten der italienischen Oper nicht zu denken. Es gibt also keinerlei Mangelerscheinungen, nur einen Einwand: Mit dem „Nabucco“ ist das Besetzungsglück, das die Staatsopern-Aufführungen zu Beginn der Spielzeit so herrlich begleitet hat, geradezu schlagartig zu Ende gegangen.

„Nabucco“ kam einher wie der denkbar müdeste Repertoireabend, was natürlich auch an der Inszenierung lag – und daran, dass Paolo Carignani am Dirigentenpult einfach Durchschnitt lieferte. Es war ja wohl das Erfolgsgeheimnis von dieser erst dritten Oper Verdis, wie er die rhythmischen Effekte der Musik ausgereizt hat, deren mitreißende Wirkung sich an diesem Abend kaum einstellte. Und dann ließ auch noch die Besetzung mehr als zu wünschen übrig.

Am wenigsten beim Titelhelden, denn Zeljko Lucic hat zumindest – was man sonst von kaum jemandem an diesem Abend sagen konnte! – eine wirklich schöne Stimme. Aber es wurde nach dem Scarpia auch beim Nabucco wieder klar, dass es sich bei diesem edel strömenden Bariton letztlich um eine lyrische Stimme handelt, die im dramatischen Fach hoch forciert wird. So hatte Lucic bis zur letzten Arie „gespart“, um diese dann wirklich eindrucksvoll zu präsentieren – aber beim Stretta-Teil merkte man gleich wieder, dass der Drive dafür fehlt.Auch vermochte Zeljko Lucic als Figur nicht wirklich zu beeindrucken, wobei man gerne eingesteht, dass es nicht einfach ist, den zügellosen biblischen Tyrannen, der nach Gotteslästerung wahnsinnig und am Ende so wunderbar geläutert wird, im Anzug zu spielen – da tut man sich mit Emotionen schwer. Aber man wird den Verdacht nicht los, dass Lucic (man hat es ja auch an seinem Salzburger Macbeth unter Muti gesehen) einfach kein großer, überzeugender Darsteller ist – so wenig, wie bei dieser Wahnsinnsszene kam, das reicht nicht. Aber immerhin – großteils schön bis stellenweise wunderschön gesungen, solange die Überforderung nicht spür- und hörbar wird.

Auch noch auf der Haben-Seite landete schließlich doch noch der Ukrainer Vitalij Kowaljow als Zaccaria: Nachdem man die längste Zeit meinte, dass es sich hier wirklich nicht um einen profunden Bass handelt, „zündete“ er seine große Szene nach dem Gefangenenchor dermaßen an, dass seine Figur doch noch Eindruck hinterließ. Von den Nebenrollen – da waren noch Janusz Monarcha als Oberpriester des Baal und Olga Bezsmertna als Anna – prägte sich immerhin Benedikt Kobel scharfstimmig charakterisierend als Abdallo ein, ein Adlatus, der sein Mäntelchen nach dem Wind hängt. Und der Chor nützte seine zahlreichen Möglichkeiten, wenn man auch den Eindruck nicht loswurde, dass die Herrschaften gerade beim „Gefangenenchor“ nicht unbedingt mit dem Dirigenten harmonierten…

Kein Glück bei den übrigen Hauptdarstellern. Mit Jennifer Wilson gab eine jener fülligen Amerikanerinnen die weibliche Hauptrolle, die die Bühnen der Welt mit unterschiedlicher Qualität bevölkern. Gewiss, die Abigaille ist eine Mörderpartie (und Verdi hat, als seine geliebte Giuseppina Strepponi nahezu daran scheiterte, kaum noch hochdramatische Frauenrollen geschrieben, nimmt man einzelne wie die Odabella im „Attila“ aus) – aber solche Unlust, hier zuzuhören, empfand man selten. Jennifer Wilson lieferte eine durch und durch wacklige Leistung, und die mit Gewalt gepressten Spitzentöne misslangen geradezu durchwegs. Auch kein Vergnügen: Alisa Kolosova als Fenena, ein Mezzo mit unguter Höhe, Dimitrios Flemotomos als Ismaele, ein doch recht scheppernder Tenor.

Natürlich hat die Öde des Abends auch mit der Inszenierung von Günter Krämer zu tun, die auf fast leerer Bühne stattfindet (nach dem Motto: Zu Oper muss einem optisch nichts einfallen, zum Teufel mit dem Gesamtkunstwerk) und im luftleeren Raum gar keine Geschichte erzählt, ja, im steten Zwielicht nicht einmal die Juden von den Assyrern unterscheiden. Na ja, die einen haben Koffer, die anderen Spiegel. Ach ja, und im Gefangenenchor tragen die Hebräer große Fotos in den Händen – vermutlich Gesichter von Holocaust-Opfern. Dergleichen geht – in Zeiten wie diesen, wo „politische Korrektheit“ alles „richtet“ – dann am Ende noch als Inszenierung durch. Dass man sich um alle anderen Ideen zu dem Werk gedrückt hat (außer dass in der Ouvertüre im Kinderzimmer schon die Rivalität zwischen Abigaille und Fenena ausbricht, toll!) – das spielt offenbar keine Rolle. Nochmals: Leidtragend ist nicht nur das Publikum, sondern sind auch die Sänger, die es in einem Rahmen wie diesem so unendlich schwer haben, zur Wirkung zu kommen. Und manchmal gelingt es eben gar nicht.

Quelle: www.der-neue-merker.eu


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