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WIEN/ Staatsoper: TOSCA – letzte Vorstellung der Serie

15.09.2013

Wiener Staatsoper: Giacomo Puccini: TOSCA – am 15. September 2013

Mit dieser Serie an Tosca-Vorstellungen meldeten sich nach längerer Abwesenheit zwei der schönsten Opernstimmen unserer Zeit und absolute Publikumslieblinge an der Wiener Staatsoper zurück.

Zum einen präsentierte Angela Gheorghiu erstmals ihre Tosca in Wien. Ja, natürlich hat man schon größere Stimmen in dieser Partie gehört. Doch die Gheorghiu ist eine kluge Sängerin, denn sie besinnt sich die ganze Vorstellung über auf den Gesang, ja, auf den Schöngesang, und überfordert ihre Stimme zugunsten der Dramatik nicht. Ihren sinnlich-schönen Sopran führt sie lyrisch und kultiviert durch die Rolle. Sie hat eine gute Mittellage und die Spitzentöne gelingen perfekt und klangschön. Auch die dramatischen Ausbrüche gelingen ihr souverän. Ihre Gesangstechnik ist wirklich vom Feinsten. Ins Brüllen und Schreien will diese Tosca gar nicht erst verfallen, denn alles meistert Gheorghiu aus der gesanglichen Linie heraus. Auch wenn dadurch natürlich manche Töne im großen Orchesterrausch untergehen, denn Puccini malt ja nicht nur in zärtlichen Farben sondern lässt es veristisch ja auch ganz schön krachen. In den vielen wunderbaren Melodien Puccini’s blüht Gheorghiu’s Sopran herrlich auf. Natürlich ganz besonders in den beiden großen Duetten mit Cavaradossi.

Vissi d’arte singt sie mit Leidenschaft und großem Ausdruck und da darf es auch einen glaubhaften veristischen Schluchzer gegen Ende geben. Die Gheorghiu ist durch und durch Tosca. Sie bringt alle Facetten zum Vorschein, die man sich von dieser Diva erwartet. Diese Tosca ist zickig, kapriziös, launisch, aber auch leidenschaftlich, hingebungsvoll, theatralisch. Dass Angela Gheorghiu zudem auch eine sehr attraktive Frau ist und eine tolle Bühnenausstrahlung besitzt kann für eine Tosca ja nur gut sein.

Gheorghiu hatte in Marcelo Alvarez dann auch den denkbar optimalen Cavaradossi an ihrer Seite. Der Publikumsliebling war tatsächlich sieben Jahre nicht mehr an der Wiener Staatsoper zu hören. Umso größer war die Freude unter den Opernfans, dass er nun endlich auch wieder in Wien Station macht (in der ersten Vorstellung wurde er übrigens genauso wie Gheorghiu mit Auftrittsapplaus bedacht – eine Seltenheit in Wien). Alvarez hat nichts von seiner Stimmschönheit verloren. Da ist immer noch das besonders attraktive samtene Timbre, das schon von jeher seine Stimme auszeichnete. Inzwischen mit etwas mehr Metall versehen als noch vor sieben Jahren. Bereits mit Recondita Armonia ist der Tenor voll da. Die Stimme klingt ausgeruht und sein Tenor scheint in keiner Lage in Bedrängnis zu kommen. So hoch können die Spitzentöne gar nicht sein. In den dramatischen Momenten kann er ganz schön aufdrehen. Absolut beeindruckend wie er La vita mi costasse kraftvoll in den Zuschauerraum trägt. Noch sicherer dann das souveräne Vittoria. Das macht ihm in dieser Qualität derzeit wohl kaum ein anderer Tenor nach.

Doch Alvarez stehen auch zärtlichste Piani zur Verfügung, singt in den Duetten mit Gheorghiu mit schönstem Puccini-Schmelz. Auch seine Legatofähigkeiten müssen besonders lobend erwähnt werden. Mit seinem herrlichen Timbre und seinen vokalen Fähigkeiten macht er die Sternenarie zu einem Höhepunkt. Besser kann man einen Cavaradossi nicht singen.

In der dritten Vorstellung am vergangenen Mittwoch waren Alvarez und Gheorghiu nicht ganz auf ihrer Höhe, doch in dieser letzten Vorstellung waren sie absolut mitreißend.

Zeljko Lucic stattet den Scarpia mit besonders schöner Baritonstimme aus. Natürlich ist es nicht falsch wenn ein Scarpia beim ersten Hören nicht gleich wie ein Schurke klingt. Lucic‘ Scarpia ist nicht der offensichtliche Fiesling sondern kommt etwas subtiler daher. Dass auch Scarpia ein gewisses menschliches Empfinden hat kommt in seiner Soloszene im zweiten Akt zum Vorschein, in dem Puccini auch dieser finsteren Figur gestattet, in einem melodischen Aufschwung Tosca gegenüber seine Wünsche zu äußern. Und in genau diesem Moment blüht Lucic‘ Bariton wunderbar auf. Im Te Deum kommt er allerdings an seine Grenzen. Da fehlt es ihm etwas an vokaler Durchschlagskraft.

Es ist beinahe schon erstaunlich, in welch guter Verfassung sich die Stimme von Alfred Sramek nach einer so langen Karriere immer noch befindet. Sie verfügt immer noch über Kraft und zeigt keinerlei Ermüdungserscheinungen. Zudem stattet er den Mesner mit Witz und Charisma aus. Ganz wunderbar.

Janusz Monarcha ist ein – vielleicht durch die Haft – müde klingender Angelotti, Benedikt Kobel ist als schmieriger Spoletta stimmlich gut disponiert, Alexandru Moisiuc ist ein solider Schließer und Marcus Pelz bleibt als Sciarrone blass.

Bereits zu Beginn der Oper, also mit der unheilvoll drohenden B-Dur-As-Dur-E-Dur-Akkordfolge demonstriert Marco Armiliato am Dirigentenpult, dass er besonders viel Betonung auf das Krimidrama lenkt. So lässt er sich in den sehr dramatischen Momenten oder auch im Te Deum zu besonderer Lautstärke hinreißen, wodurch Gheorghiu und Lucic manchmal in Bedrängnis kommen und Armiliato sich als wenig sensibler Sängerbegleiter erweist. Doch in den herrlichen Sopran-Tenor-Duetten versteht es der Dirigent auch, einen ganz wunderbaren Klangteppich auszubreiten, der den Sängern genug Raum zur Entfaltung gibt.

Am Ende des Abends gab es fast zwanzigminütigen, begeisterten Applaus für Sänger und Dirigent für eine herausragende Tosca-Vorstellung. Angela Gheorghiu bekommt man diese Saison ja auch noch in La Boheme und Adriana Lecouvreur zu hören. Bleibt somit nur noch die Hoffnung, dass man nicht wieder ein paar Jahre auf eine neuerliche Rückkehr von Marcelo Alvarez warten muss. Das wäre eine Schande.

Lukas Link  

Quelle: www.der-neue-merker.eu


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