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Wiener Staatsoper “LA TRAVIATA” 12.9.2013 mit Violetta Nr.3

12.09.2013

Wiener Staatsoper Giuseppe Verdi “LA TRAVIATA” 12. September 2013 25. Aufführung

Von: Peter Skorepa

Keine Frage, der rasche Wechsel der Hauptdarstellerinnen hat Positives für diese allgemein so wenig geschätzte Inszenierung gebracht. Nach Aleksandra Kurzak und Desirée Rancatore hat sich Marina Rebeka in dieser Serie bereits als Dritte der Rolle der kränkelnden Kurtisane angenommen. Ob es nun Zeitmangel war oder persönlicher Einfluß der Einspringerinnen, die Gestaltung hat sich hinsichtlich der Titelrolle auf das Ursprüngliche des Plots wieder reduziert, die vom “Wege abgekommene” leidet librettogemäß an ihrer Lunge, keine Spur mehr von der Alkoholikerin im letzten Stadium, die betrunken und ausgelaugt herumtorkelte, wie der Regisseur es im Konzept vorsah. Und das brachte Gewinn für dieses Stück, Gewinn für Verdi, die Verlegung ins Theatermilieu ist ja allein schon ein Brocken, den ein mit dem Stück vertrautes und eher konservativ eingestelltes Publikum – wie man es dem in Wien gerne nachsagt – zu verarbeiten hat.

Marina Rebeka, im lettischen Riga geboren, offensichtlich ein guter Ort für Sängerinnen, gewann 2009 in Gütersloh den Gesangswettbewerb Neue Stimmen. Damals schrieb schon der MERKEROnline aus Salzburg im Bericht zu “Moise et Pharaon”: “Marina Rebeka, die junge lettische Sopranistin erbrachte, trotz verkühlungsbedingter Ansage und anfänglicher Unsicherheit die beste Leistung des Abends und ihre Arie im letzten Bild wurde trotz Fehlens des ultimativen Spitzentons bejubelt.” Gestern hat die attraktive Sängerin ganz außerplanmäßig den Abend durch ihr Einspringen gerettet. War im ersten Akt noch eine gewisse Unsicherheit in den Koloraturen zu hören – dieser war das von Verdi gar nicht notierte, aber immer wieder erwartete hohe Es als Schlusston ihrer Arie wohl zum Opfer gefallen – so gewann sie in den Folgeakten Sicherheit und musikalisches Profil in der dramatischen Auseinandersetzung mit dem Vater ihres Liebhabers. Und erst recht waren das Leid in der Todesstunde glaubhaft gespielt und gesungen, wobei ihr ausreichend voluminöser Sopran, manchmal zu Vibrato und einer gewissen Virilität neigend, sich bereits für ein anders Fach, etwa jenes von Richard Strauss zu empfehlen beginnt.

Entweder war der Tenor des Abends, Massimo Giordano, gesundheitlich angeschlagen, das hätte einer “Ansage” bedurft, oder sein Stimmmaterial steckt derzeit in einer Krise, denn nur so läßt sich seine, wohl um Dramatik bemühte gesangliche Darbietung aber mit den fast ständig zu tief gesungenen Notenwerten und dem Abreißen der Stimme im Schlussduett erklären. Er hielt allerdings konsequent durch und kompensierte mit darstellerischer Intensität, wie man es vor Jahren von ihm so noch nicht sehen konnte.

Verbleibt nur einer aus der Riege der Hauptdarsteller, der seiner Rolle und dem Komponisten voll gerecht wurde: Simon Keenlyside als Giorgio Germont, gibt diesem zwischen hart vertretener Familienehre, Mitleid und Reue Schwankenden beachtliches stimmliches und darstellerisches Profil und reiht sich mit dieser Leistung in die Reihe der großen Darsteller dieser Rolle an diesem Haus ein. Und die Wertung in der genannten Reihe großer Baritonisten kann dann nach persönlichem Geschmack vorgenommen werden, die Auswahl ist ja nicht gerade klein.

Aus dem Ensemble empfahlen sich diesmal besonders: Donna Ellen als Begleiterin im Leid, Zoryana Kushpler als nicht nur ausgezeichnet singende, als auch gekonnt tanzende Flora und Dan Paul Dumitrescu als mit Stimmbalsam zu heilen versuchender Dottore Grenville. Warum er die Sterbende, die auf dem Fußboden liegend ihr Leben aushauchen muß, nicht ins Bett bringt, ist eine Vernachlässigung seiner Pflichten.

Orchester und Chor der Wiener Staatsoper wurden von Marco Armiliato – ohne Partitur und daher voll Überblick dirigierend – mit Erfolg angefeuert.

Die größten Anteile vom Schlußapplaus bekamen erwartungsgemäß Marina Rebeka, Simon Keenlyside und Marco Armiliato. Und wenn Massimo Giordano ins Publikum zurückwinkt, dann ist es wohl aus Dankbarkeit, so nachsichtig zu ihm zu sein.

Quelle: www.der-neue-merker.eu


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